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Studie: Spermidin soll jung halten und Demenz vorbeugen

Studie: Spermidin soll jung halten und Demenz vorbeugen

Forscher sind dem Traum von der ewigen Jugend einen Schritt näher gekommen. Gesund altern und dem Alterungsprozess entgegenwirken mit viel Spermidin aus entsprechenden Lebensmitteln: Das sind die Ergebnisse eines internationalen Forschungsteams unter der Federführung der Medizin Universität Innsbruck. Der Anti-Aging-Effekt von Spermidin auf den menschlichen Alterungsprozess konnte erstmals bei Menschen nachgewiesen werden. In Zukunft soll mithilfe einer weiteren Studie feststehen, ob Spermidin auch eine positive Wirkung auf das Gedächtnis und die Lernfähigkeit hat. Aber was ist Spermidin? Wie beeinflusst es den Alterungsprozess oder die Gedächtnisleistung?

Von Anastasia Johlen

Was genau ist Spermidin?

Wie der Name schon vermuten lässt, kommt Spermidin vor allem in menschlichem Sperma vor. Aber nicht nur dort, sondern auch in einer Vielzahl von Lebensmitteln. Auch der menschliche Organismus bildet Spermidin, welches den Zellen hilft, alte oder beschädigte Zellteile zu entsorgen, und folglich jung und gesund zu bleiben. In der Fachsprache wird dieser Prozess als Autophagie bezeichnet. Dadurch bleibt die Zelle jung und gesund. Im Laufe des Lebens und mit fortschreitendem Alter nimmt die Konzentration an körpereigenem Spermidin ab.

Spermidin kommt in allen lebenden Organismen vor und steht eng im Zusammenhang mit dem Zellwachstum. Es handelt sich um ein biogenes Polyamin, das in hoher Konzentration in Samenflüssigkeit und anderen Körperzellen vorkommt. Weiterhin produzieren bestimmte Darmbakterien ebenfalls Spermidin. Kleine organischen Verbindungen, die an grundlegenden Zellfunktionen beteiligt sind, werden als Polyamin bezeichnet. Im Zusammenhang mit Spermidin wird deshalb auch von polyaminreichen Lebensmitteln gesprochen.

Durch einige Situationen wird der Spermidinwert auf natürliche Weise gesteigert, so etwa während des Wachstums, einer Schwangerschaft und der Reparatur von Muskelzellen nach starker sportlicher Anstrengung. Mit entsprechenden Nahrungsmitteln werden dem Organismus ebenfalls Spermidin zugeführt.

Welche Nahrungsmittel enthalten besonders viel Spermidin?

Äpfel, Birnen und Sojabohnen sind eine gute Quelle für die Aufnahme von Spermidin. Eine Ernährung mit spermidinreichen Lebensmitteln kann, laut der Studie, dem Alterungsprozess entgegenwirken. Denn Spermidin hilft der Zelle alte und beschädigte Zellteile zu entsorgen, quasi den Müll rauszubringen.

Spermidinreiche Nahrungsmittel

  • Weizenkeime
  • gereifter Käse, etwa Parmesan oder Cheddar
  • Sojaprodukte
  • Hülsenfrüchte
  • Nüsse
  • Äpfel
  • Birnen
  • Vollkornprodukte
  • Keimgemüse
  • Kartoffeln
  • Pilze

Internationale Studie: Spermidin als Jungbrunnen bei Menschen

Die lebensverlängernde Wirkung der Substanz war bisher zwar schon bekannt, jedoch nur in Bezug auf Tiere und Zellkulturen. Doch der Anti-Aging-Effekt konnte auch erstmals für den Menschen nachgewiesen werden. Weiterhin beschäftigt sich eine aktuelle Studie, mit der positiven Wirkung von Spermidin auf das Gedächtnis, etwa in Bezug auf Demenz.

Die Studie der Universität Innsbruck VASCage liefert valide Ergebnisse aufgrund der Daten von 829 Probanden und Probandinnen. Im August vergangenen Jahres wurden die Ergebnisse der Studie in der American Journal Clinical Nutrition (AJN), Volume 108, eine biomedizinische Zeitschrift im Bereich der klinischen Ernährung, veröffentlicht. Beteiligte der Forschung sind die Uni Innsbruck VASCage, das Krankenhaus Bruneck (Südtirol) sowie Forscher aus London, Paris und Graz.

Untersucht wurde, welche Menge an Spermidin aus Lebensmitteln im Zusammenhang mit der menschlichen Lebenserwartung steht. Das Ergebnis zeigt, dass ProbandInnen mit hoher Spermidin Aufnahme über die Ernährung, also mindestens 80 µmol (Mikromol) pro Tag, ein deutlich geringeres Risiko zeigten, im 20-jährigen Beobachtungszeitraum zu versterben. Im Vergleich zu einer spermidinarmen Ernährung, weniger als 60 µmol am Tag, soll sich laut der Studie die Lebensspanne bei einer ausreichenden Spermidinzufuhr am Tag, um fünf Jahre verlängern.

Durch die vermehrte Aufnahme von Spermidin über entsprechende Nahrungsmittel, werde der Zelle signalisiert, den Selbstreinigungsprozess zu starten und dadurch vor Ablagerung und vorzeitiger Alterung zu schützen, so Neurologe Stefan Kiechl, Mitverantwortlicher der Gesamtleitung von VASCage.

Die vollständige Studie finden Sie auf Englisch unter folgendem Link: https://academic.oup.com

Lebensverlängernde Wirkung durch Spermidin

Spermidin regt die Autophagie an, sodass fehlerhafte und alte Zellenbestandteile abgebaut und entsorgt werden. Dieser Selbstreinigungsprozess des Körpers wird auch beim Fasten ausgelöst. Durch das Entsorgen unbrauchbarer Zellteile werden Ablagerungen verhindert, welche etwa zu Diabetes, Demenz, Atherosklerose oder Tumoren führen können.

Doch im Laufe des Alters kommt die körpereigene Müllabfuhr ins Stocken, laut Spezialisten, wird die Fähigkeit des Abbauprozesses mit dem Alter eingeschränkt und verlangsamt. Da der Körper im Alter nicht mehr ausreichend Spermidin selbst produzieren kann, ist die Zufuhr mit entsprechenden Lebensmitteln von großer Bedeutung. Durch die Zufuhr an Spermidin über die Ernährung könnte die Autophagie ohne Probleme und Einschränkungen funktionieren. Somit könnte Spermidin den Prozess reaktiveren. Auch das Herz wird dadurch entlastet: Durch die Verjüngung der Zellen werden die Herzmuskeln wieder flexibel und elastisch. Dadurch kann der Körper mit ausreichend Blut und Sauerstoff versorgt werden.

So kann abschließend festgehalten werden, dass die lebensverlängernde Wirkung von Spermidin besonders auf seine Fähigkeit beruht, die Autophagie, also den Selbstreinigungsprozess, anzuregen.

Studie „SmartAge“: Spermidin als Schutz vor Alzheimer und Parkinson?

Weiterhin wird die Wirkung von Spermidin im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen untersucht. Es besteht die Annahme, dass Spermidin nicht nur jung hält, sondern auch auf das Gedächtnis und die Lernfähigkeit einen Einfluss hat.

Dieser Zusammenhang wird in der Studie „SmartAge“ untersucht, welche voraussichtlich bis 2020 an der Charité Berlin unter der Leitung von Professor Agnes Flöel stattfinden. Es werden altersbedingte Einschränkungen der Gedächtnisfunktion untersucht, welche auch in Betrachtung einer nichtmedikamentösen, polyaminreichen Nahrungsergänzung in Form von Weizenkeimextrakt erforscht wird (Quelle: https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/). 

Kann in Zukunft etwa ein Extrakt aus Weizenkeimen vor Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer schützen? Oder den Ausbruch verzögern? Die aktuelle Studie lässt zumindest hoffen.

Bereits vor der Studie lagen Daten vor, die vermuten ließen, dass Polyamine und besonders das Spermidin sich positiv auf die Gehirnfunktion und geistige Fähigkeiten auswirken. Im Rahmen der „SmartAge“- Studie soll an Studienteilnehmern im Alter zwischen 60 und 90 Jahren die Wirkung einer zwölfmonatigen Gabe von natürlichem Spermidin aus Weizenkeimen untersucht werden. Im Fokus steht die Wirkung auf Lernen und Gedächtnis sowie auf die Struktur des Gehirns. Bei den Studienteilnehmern handelt es sich um älter, noch gesunde Menschen, deren Gedächtnis sich nach eigenen Einschätzungen verschlechtert habe.

Auch bei dieser Studie steht also die Wirkung des Spermidins im Vordergrund und dessen bewusste Einnahme über ein spezielles Lebensmittel. Es wird vermutet, dass sich auch im Zusammenhang auf die Gedächtnisleistung die Autophagie-Prozesse durch zusätzliche Zufuhr von Spermidin verbessern und den altersbedingten Erinnerungsverlust abschwächen, stoppen oder verhindern.

Durch den Selbstreinigungsprozess werden nicht nur defekte oder alte Zellteile entsorgt, sondern auch pathologische Eiweiß-Ablagerungen. Diese Ablagerungen liegen fast allen neurodegeneratvien Erkrankungen zugrunde, dazu zählt auch die Alzheimer- oder Parkinsonkrankheit. Vorstudien zeigten bereits, dass eine dreimonatige Einnahme von Spermidin aus Weizenkeimen gewonnen, einen positiven Effekt auf die Gedächtnisleistungen nehmen.

(Quellen: https://www.dgn.org und https://www.aerztezeitung.de)

Spermidin in Weizenkeimen

Weizenkeime sind eigentlich ein Abfallprodukt in der Herstellung von Mehl, doch trotzdem sind sie sehr gesund. Nicht nur, dass Weizenkeime einen hohen Anteil an Spermidin enthalten, sie sind zusätzlich noch besonders reich an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Aminosäuren. Bei Weizenkeimen handelt es sich um winzige Bestandteile von reifen Weizenkörnern, welche sich an der Spitze befinden und etwa drei Prozent des Gesamtgewichts ausmachen. Da Weizenkeime sehr ölhaltig sind, werden sie nicht zu Mehl verarbeitet, da dadurch das Mehl schneller ranzig wird. Eine kürzere Haltbarkeit wäre die Folge.

Weizenkeime werden oft aufbewahrt und separat verkauft oder zu Weizenkeimöl verarbeitet. Sie weisen eine hohe Nährstoffdichte und einen hohen Kaloriengehalt auf, deshalb müssen Sie keine großen Mengen zu sich nehmen, um etwa von den Vorteilen zu profitieren. Es genügt, wenn Sie täglich zwei bis drei Esslöffel der Keime zu Ihrem Essen hinzugeben. Jedoch sollten Sie die Weizenkeimlinge nicht kochen oder backen, dadurch verlieren sie, aufgrund ihrer Hitzeempfindlichkeit, ihre wertvollen Inhaltsstoffe. Sie können die Weizenkeime zum Beispiel ins morgendliche Müsli, zum Joghurt oder in einen Smoothie geben.

Studien zeigen nicht nur den positiven Effekt durch regelmäßigen Verzehr von Weizenkeimen auf den Alterungsprozess und die Gedächtnisleistung und damit verbundene Erkrankungen, wie Alzheimer. Auch sollen Weizenkeime eine positive Auswirkung auf die Keimdrüsen haben und somit die Fruchtbarkeit erhöhen. Zusätzlich sind sie eine gute Quelle für pflanzliches Eiweiß.