Schilddrüsenvergrößerung

(Struma)

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Was ist eine Struma?

Als Struma bezeichnet man eine Vergrößerung der Schilddrüse über die Obergrenze ihres alters- und geschlechtsspezifischen Referenzbereiches. Das Vorhandensein einer Struma sagt zunächst nichts über die Aktivität der Schilddrüse (Euthyreose, Hypothyreose oder Hyperthyreose) aus.

Die Bezeichnung Struma wird im allgemeinen Sprachgebrauch eher selten verwenden, hingegen ist Kropf die gängigere Bezeichnung für eine Vergrößerung der Schilddrüse. Dieser Kropf, der mit einer Hypothyreose oder Hyperthyreose, also Unter- und Überfunktion der Schilddrüse, verknüpft ist, kann mit Symptomen der zugrunde liegenden Erkrankung einhergehen. 

Anzeichen und Symptome einer Struma

Die Schilddrüsenvergrößerung kann unterschiedliche Gründe haben, entweder beruht diese auf einer Über- oder Unterfunktion der Drüse. Je nachdem unterscheiden sich auch die Symptome:

Symptome einer Überfunktion der Schilddrüse:

  • Tachykardie (Überschreitung der altersüblichen physiologischen Herzfrequenz),
  • Herzklopfen,
  • Nervosität,
  • Zittern,
  • erhöhter Blutdruck und Hitzeunverträglichkeit.
  • Klinische Manifestationen stehen oft im Zusammenhang mit Hypermetabolismus (erhöhter Stoffwechsel),
  • übermäßigem Schilddrüsenhormon,
  • erhöhtem Sauerstoffverbrauch,
  • metabolischen Veränderungen im Proteinstoffwechsel,
  • immunologischer Stimulation von diffusem Kropf und Augenveränderungen (Exophthalmus)

Symptome einer Schilddürsenunterfuktion:

  • starke Gewichtszunahme,
  • uwie Appetitlosigkeit 
  • Verstopfungen und Trägheit
  • Depressive Stimmung
  • Gedächtnisschwierigkeite
Diese Symptome sind jedoch oft unspezifisch und erschweren die Diagnose, weshalb eine genaue Untersuchung hilfreich ist.

Morphologie: Struktur und Form der Schilddrüsenvergrößerung

Unterschieden wird zwischen Veränderungen der Form und Struktur der Schilddrüse, die sich entweder durch ein Wachstumsmuster und/oder der Größe kennzeichnenDie Obergrenze des normalen Schilddrüsenvolumens liegt für erwachsene Frauen bei 18 ml, für erwachsene Männer bei 25 ml.​​​​​​​


Wachstumsmuster:

  • Uninodulärer Kropf: ein Schilddrüsenknoten (Struma uninodosa); kann entweder ein inaktiver oder ein toxischer Knoten (toxisches Adenom) sein.
  • Multinodularer Kropf: mehrere Knoten (Struma multinodosa); könnem ebenfalls inaktiv oder toxisch sein, letzterer wird als toxischer multinodularer Kropf bezeichnet und mit Hyperthyreose assoziiert; Schilddrüsenkrebs wird bei 13,7% der Patienten, die an einem multinodularen Kropf operiert werden, festgestellt. Diese Knötchen wachsen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf und sezernieren autonom Schilddrüsenhormone, wodurch TSH-abhängiges Wachstum und Funktion im Rest der Drüse unterdrückt werden.
  • Diffuser Kropf: Die gesamte Schilddrüse scheint durch Hyperplasie vergrößert zu sein

Größe:

  • Klasse I: In normaler Haltung des Kopfes ist er nicht sichtbar; er wird nur durch Palpation (Abtasten) gefunden
  • Klasse II: Der Kropf ist spürbar und gut sichtbar
  • Klasse III: Der Kropf ist sehr groß und retrosternal (reicht bis hinter das Brustbein); Druck führt zu Druckstellen

Wie kann die Struma eingeteilt werden?

1. Nach der anatomischen Lage:

Eine Struma kann entweder an der normalen Position, also im Halsbereich bis maximal zum Brustbein auftreten (eutope Struma). Die vergrößerte Schilddrüse kann aber auch am Zungengrund wachsen oder bis hinter das Brustbein oder die Luftröhre reichen (dystope Struma).

2. Nach der Beschaffenheit:

Eine Struma diffusa beschreibt eine gleichmäßig vergrößerte Schilddrüse, deren Gewebe homogen erscheint. Eine Struma nodosa bedeutet dagegen, dass die Schilddrüse ein (Struma uninodosa) oder mehrere (Struma multinodosa) Knoten besitzt. Solche Knoten können potenziell Schilddrüsenhormone produzieren, und das sogar unabhängig von der Regulierung über TSH (autonome Knoten). Man spricht dann von warmen oder heißen Knoten. Kalte Knoten produzieren dagegen keine Hormone.


3. Nach klinischen Kriterien:

  • Stadium 0: keine Struma
  • Stadium I: tastbare Struma
    • Stadium Ia: tastbare, aber auch bei Reklination des Kopfes nicht sichtbare Struma
    • Stadium Ib: tastbare und unter Reklination des Kopfes auch sichtbare Struma
  • Stadium II: auch ohne Reklination des Kopfes sichtbare Struma
  • Stadium III: sehr große Struma, die auch aus größerer Entfernung sichtbar ist und mit lokalen Komplikationen verbunden ist
4. Nach ihrer Binnenstruktur
  • Struma diffusa: Gleichmäßige Binnenstruktur
  • Struma nodosa: Binnenstruktur mit soliden Raumforderungen
  • Struma cystica: Binnenstruktur mit liquiden Raumforderungen
  • Struma nodosa et cystica: Binnenstruktur mit soliden und liquiden Raumforderunge

5. Nach ihrer Funktion:

Es wird zwischen einer euthyreoten, hyperthyreoten und hypothyreoten Struma unterschieden.Die euthyreote Struma produziert ein normales Maß an Schilddrüsenhormonen, also nicht mehr oder weniger als eine gesunde Schilddrüse von gewöhnlicher Größe. Bei der hyperthyreoten Struma findet sich jedoch eine zu hohe Konzentration von T3/ T4 im Blut, bei einer hypothyreoten dagegen zu wenig. Von der Größe einer Schilddrüse kann man also nicht grundsätzlich auf ihre Hormonproduktion schließen. Eine sehr große Struma kann wenig T3/ T4 erzeugen und umgekehrt. Kommt es bei einer vergrößerten Schilddrüse zu bösartigen Veränderungen, spricht man auch von einer Struma maligna

Diagnose: Wie stellt der Arzt eine Schilddrüsenvergrößerung fest?

  • Eine Schilddrüßenvergrößerung lässt sich oft mit dem bloßem Auge erkennen
  • Eine leicht vergrößerte Schilddrüse ist oft am Hals zu ertasten
  • Wesentlich genauer ist eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Schilddrüse, mit dem Ultraschall kann der Arzt die exakte Größe der Schilddrüse bestimmen Außerdem kann der Arzt dabei häufig schon erkennen, ob es sich um eine Struma nodosa oder Struma diffusa handelt.
  • Bestimmen des TSH-Spiegel im Blut, denn dieser gibt Auskunft über den Hormonstatus der Schilddrüse. Ein erhöhter TSH-Spiegel spricht für eine verminderte Produktion von Schilddrüsenhormonen, ausgelöst durch eine Jodmangel-Struma. Der TSH-Spiegel ist stark erhöht, wenn ein Tumor in der Hypophyse der Grund für die Struma ist.

Mögliche Ursachen der Schilddrüsenvergrößerung

Die weltweit häufigste Ursache für Kropf ist Jodmangel, meist in Ländern, die kein jodiertes Salz verwenden. Selenmangel wird ebenfalls als ein Faktor angesehen. In Ländern, die jodiertes Salz verwenden, ist die Thyreoiditis von Hashimoto die häufigste Ursache. Kropf kann auch durch Zyanidvergiftung entstehen; dies ist besonders häufig in tropischen Ländern, wo die Menschen die zyanidreiche Maniokwurzel als Grundnahrungsmittel essen.

Eine Struma kann verschiedene Ursachen haben, wobei entweder eine Zellvermehrung/Zellvergrößerung, gut- oder bösartige Raumforderungen oder eine Entzündung des Gewebes zur Vergrößerung der Schilddrüse führen.

UrsachePathophysiologieResultierende SchilddrüsenaktivitätWachstumsmusterBehandlungInzidenz und PrävalenzPrognose
JodmangelHyperplasie der Schilddrüse zum Ausgleich der verminderten WirksamkeitKann Hypothyreose verursachenDiffusJodÜber 90% der Fälle von Kropf weltweitErhöhte Größe der Schilddrüse kann dauerhaft sein, wenn sie etwa fünf Jahre lang unbehandelt bleibt.
Angeborene HypothyreoseAngeborene Fehler der SchilddrüsenhormonsyntheseHypothyreose



Goitrogen-Einnahme





Unerwünschte Arzneimittelwirkungen





Hashimoto-ThyreoiditisAutoimmunerkrankung, bei der die Schilddrüse allmählich zerstört wird. Infiltration von Lymphozyten.HypothyreoseDiffus und lobuliertSchilddrüsenhormonersatzPrävalenz: 1 bis 1,5 von 1000Remission mit Behandlung
HypophysenkrankheitÜbersekretion des Schilddrüsen-stimulierenden Hormons, fast immer durch ein Hypophysenadenom.
DiffusHypophysenchirurgieSehr selten
Morbus Basedow-Syndrom (auch Basedow-Syndrom genannt)Autoantikörper (TSHR-Ab), die den TSH-Rezeptor aktivieren (TSHR)SchilddrüsenüberfunktionDiffusSchilddrüsenmittel, Radiojod, Chirurgie1 bis 2 Fälle pro 1.000 Einwohner pro JahrRemission mit Behandlung, aber noch geringere Lebensqualität für 14 bis 21 Jahre nach der Behandlung, mit geringerer Stimmung und geringerer Vitalität, unabhängig von der Wahl der Behandlung.
SchilddrüsenentzündungAkute oder chronische EntzündungenKann anfänglich eine Schilddrüsenüberfunktion sein, aber es kommt zu einer Schilddrüsenunterfunktion.



Schilddrüsenkrebs

Gewöhnlich uninodular

Gesamte relative 5-Jahres-Überlebensrate von 85% bei Frauen und 74% bei Männern
Gutartige Schilddrüsenneubildungen
Gewöhnlich Hyperthyreose.Gewöhnlich uninodular

Meist harmlos
Schilddrüsenhormonunempfindlichkeit
Sekretionale Schilddrüsenüberfunktion,
Symptomatische Hypothyreose
Diffus




Heilung der Schilddrüsenvergrößerung: Einnahme & Operation

Eine Struma wird je nach Ursache enstprechend und individuell behandelt. In vielen Fällen kann die normale Schilddrüsenfunktion durch entsprechende Arzneimittel, Präperate oder Einnahme von Spurenelemtenten wieder hergestellt werden.

Therapieformen für die jeweiligen Struma-Typen bzw. Ursachen

Wenn die Schilddrüse zu viel T3 und T4 produziert, wird dem Patienten radioaktives Jod gegeben, um die Drüse zu schrumpfen. Wenn ein Kropf durch Jodmangel verursacht wird, werden kleine Dosen von Jodid in Form von Lugols Jod- oder KI-Lösung verabreicht. Wenn der Kropf mit einer Schilddrüsenunterfunktion assoziiert ist, werden Schilddrüsenergänzungen zur Behandlung eingesetzt. Im Extremfall ist eine partielle oder vollständige Thyreoidektomie (operative Entfernung der Schilddrüse) erforderlich.

Struma durch Jodmangel:

Prinzipiell kommen drei verschiedene Therapiewege infrage: die medikamentöse, operative oder nuklearmedizinische Behandlung. Bei einer euthyreoten Struma verschreibt der Arzt Jodid in Tablettenform, sodass die Schilddrüse wieder genügend Jod zur Verfügung hat. Die Folge ist, dass die Schilddrüse an Größe abnimmt und sich ihr Volumen oftmals um 30 bis 40 Prozent reduziert.

Struma durch Überfunktion:

Eine hyperthyreoten Struma (mit vermehrter T3 und T4-Produktion) oder autonomen Knoten können nicht mit einer Jodsubstitution behandelt werden, da es zu einer hyperthyreotischen Krise (akute, lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung) kommen kann. Diese akute und lebensgefährliche Stoffwechselentgleisung wird durch die plötzliche Freisetzung von Schilddrüsenhormonen ausgelöst. Besonders bei älteren Patienten muss das Maß der Hormonproduktion bei einer Struma vom Arzt genau festgelegt werden, da in dieser Situation oft autonome Knoten vorhanden sind.

Nach einer Jodbehandlung von einen Zeitraum über ein halbes bis ganzes Jahr, sollte ein Erfolg erkennbar sein und entsprechend positive Ergebnisse festgestellt werden. Ist dies nicht der Fall, ist die zusätzliche Gabe L-Thyroxin (einer Form von T4) notwendig. Dieses Präperat senkt vor allem den TSH-Spiegel und trägt zur Verminderung der Struma bei.

Operation bei lang bestehender Schildrüsenvergrößerung

Wenn eine Struma bereits sehr lange besteht, ist eine Behandlung mit Medikamenten in den meisten Fällen ohne Erfolg. Die meist einzige Lösung ist ein operativer Eingriff, bei dem ein Teil der Schilddrüse entfernt wird. Die Absicht der Operation besteht darin, ein ausreichend großes und funktionell intaktes Stück der Schilddrüse bestehen zu lassen, sodass auf eine lebenslange Hormontherapie verzichten werden kann. Selten muss die Schilddrüse ganz entfernt werden, die Betroffenen sind dann ein Leben lang auf eine künstliche Zufuhr der fehlenden Hormone angewiesen.

So muss zum Beispiel bei der Diagnose "bösartiger Tumor", die gesamte Schilddrüse entfernt werden. Die lebenswichtigen Hormone T3 und T4 müssen Betroffenen dann ein Leben lang mit Präperaten einnehmen.

Geschichte: Entdeckung der Krankheit und Behandlungsmethoden

Chinesische Ärzte der Tang-Dynastie (618-907) waren die ersten, die erfolgreich Patienten mit Kropf behandelten, indem sie die jodreiche Schilddrüse von Tieren wie Schafen und Schweinen in Roh-, Pillen- oder Pulverform verwendeten. Dies wurde in Zhen Quans (d. 643 AD) Buch umrissen, wie auch in einigen anderen. Ein chinesisches Buch, The Pharmacopoeia of the Heavenly Husbandman, behauptete, dass jodreiches Sargassum bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. zur Behandlung von Kropfpatienten verwendet wurde, aber dieses Buch wurde viel später geschrieben. Im 12. Jahrhundert stellte Zayn al-Din al-Jurjani, ein persischer Arzt, die erste Beschreibung der Basedow-Krankheit zur Verfügung, nachdem er in seinem Thesaurus des Schahs von Khwarazm, dem wichtigsten medizinischen Wörterbuch seiner Zeit, die Assoziation von Kropf und eine Verschiebung des Auges, bekannt als Exophthalmus, festgestellt hatte. Al-Jurjani gründete auch eine Assoziation zwischen Kropf und Herzklopfen.

Die Krankheit wurde später nach dem irischen Arzt Robert James Graves benannt, der 1835 einen Fall von Kropf mit Exophthalmus beschrieb. Auch der Deutsche Karl Adolph von Basedow berichtete 1840 unabhängig davon, während frühere Berichte über die Krankheit auch von den Italienern Giuseppe Flajani und Antonio Giuseppe Testa 1802 bzw. 1810 und vom englischen Arzt Caleb Hillier Parry (ein Freund von Edward Jenner) Ende des 18. Jahrhunderts veröffentlicht wurden. Paracelsus (1493-1541) war die erste Person, die eine Beziehung zwischen Kropf und Mineralien (insbesondere Blei) im Trinkwasser vorschlug. Jod wurde später von Bernard Courtois 1811 aus Algenasche entdeckt. Goitre war früher in vielen Gebieten verbreitet, in denen Jodmangel im Boden herrschte. Zum Beispiel, in den englischen Midlands, war der Zustand als Derbyshire Neck bekannt. In den Vereinigten Staaten wurde Kropf in den Regionen Great Lakes, Midwest und Intermountain gefunden. In den wohlhabenden Ländern, in denen Speisesalz mit Jod ergänzt wird, ist die Erkrankung praktisch nicht mehr vorhanden. In Indien, China, Zentralasien und Zentralafrika ist sie jedoch nach wie vor verbreitet. Goitre war in den Alpenländern schon lange verbreitet. Die Schweiz reduzierte den Zustand durch die Einführung von jodiertem Salz im Jahr 1922. Die im 19. Jahrhundert in den Regionen Miesbach und Salzburg aufgetretene bayerische Tracht umfasst ein Kropfband, das als Kropfband bezeichnet wurde und entweder den Kropf oder die Überreste der Kropfchirurgie versteckte.

Gesellschaft und Kultur

In den 1920er Jahren wurde angenommen, dass das Tragen von Jodflaschen um den Hals Kropf verhindert.

Berümte Persönlichkeiten mit einer Schilddrüsenerkrankung

  • Der ehemalige US-Präsident George H. W. Bush und seine Frau Barbara Bush wurden beide innerhalb von zwei Jahren mit Morbus Basedow und Kropf diagnostiziert. Die Krankheit verursachte Hyperthyreose und Herzrhythmusstörungen.

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