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Akupunktur: Was steckt hinter der Behandlung mit Nadeln?

Akupunktur: Was steckt hinter der Behandlung mit Nadeln?

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist eine der ältesten und bekanntesten Heilwesen: Ein wesentlicher und mittlerweile bekannter Bestandteil der Therapie ist die Akupunktur. Die älteste schriftliche Erwähnung ist bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus zu finden. Diese Behandlungs- und Therapieform kann somit mindestens 2.500 Jahre zurückverfolgt werden und findet nicht nur in China Anklang. Auch in den USA und hier in Deutschland gilt Akupunktur mittlerweile als ergänzende und sogar ersetzende Behandlung zur Schulmedizin. Aber was steckt hinter der TCM und welche Vorstellung besteht über den menschlichen Körper?

Von Anastasia Johlen

Was sind die Grundlagen der TCM und wie funktioniert die Behandlung?

Grundlage für die Behandlungs- und Therapieform der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) ist eine traditionelle asiatische Vorstellung vom menschlichen Körper. Diese Vorstellung unterscheidet sich von den klassischen Erkenntnissen zu Anatomie und Körperfunktionen:

Nach asiatischer Ansicht wird der Mensch von der Lebensenergie Qi durchflossen. Die Lebensenergie strömt in Leitbahnen durch den Körper und ist durch spezifisch definierte Punkte erreichbar. Mehr als 700 Punkte dicht unter der Hautoberfläche sind erreichbar, 400 davon können im Zusammenhang der Akupunktur stimuliert werden. Fließt die Energie im Mensch harmonisch, ist dieser laut der asiatischen Lehre gesund.

Ist der Qi-Fluss gestört, etwa durch Wärme, Kälte, psychische Faktoren oder falscher Ernährung können Schmerzen und Krankheit auftreten. Akupunktur soll diese Blockaden lösen können: Die anatomisch genau definierten Punkte (Akupunkturpunkte) sollen Ungleichgewichte der Energieströmung Qi beeinflussen können. Durch Aktivierung der Akupunkturpunkte, etwa mit Nadeln, soll nicht nur das Qi gezielt gesteuert, sondern auch Organe beeinflusst werden. Der krankmachende Faktor soll dadurch vom Körper ausgeleitet werden, harmonisierte Energieflüsse entstehen, der Mensch wird gestärkt und wieder ins Gleichgewicht gebracht.

Das Qi mit Akupunktur in die richtigen Bahnen lenken

Im Allgemeinen basiert die Akupunktur auf der Annahme und Vorstellung, dass durch jeden Körper die Lebensenergie und der Energieflusses Qi fließt, der wesentlich für die Gesundheit ist. Das Qi bildet sich durch die zwei Kräfte Ying und Yang, die sich laut chinesischer Vorstellung in einem System der Natur befinden. Besteht eine Störung der Wechselwirkung von Ying und Yang, so wird auch der Energiefluss gestört.

Es wird angenommen, dass Störungen dieses Flusses für Krankheiten verantwortlich sind, denn verläuft das Qi nicht geradläufig, steht der Mensch nicht mehr im Gleichgewicht mit der Natur. Akupunktur kann diese Störungen korrigieren, wodurch die Selbstheilungskräfte in Gang gesetzt werden könnte.

Für Verfahren der TCM werden eine Vielzahl von Techniken gebraucht und genutzt. Der am besten untersuchte Mechanismus der Stimulation von Akupunkturpunkten ist der Gebrauch von dünnen, festen, metallischen Nadeln, die manuell oder durch elektrische Stimulation eingesetzt werden. Hierfür werden sehr feine Nadeln für die entsprechende Körperregionen in Breite und Größe angepasst. Seinen Ursprung hat das Wort Akupunktur im Lateinischen, vom Wort acus, die Nadel und punctio, das Stechen.

Die chinesische Beschreibung der Organe

Die chinesische Vorstellung der Organe im menschlichen Körper entspricht nicht der, der klassischen Schulmedizin. Laut der chinesischen Beschreibung entsprechen die Organe weniger festen anatomischen Einheiten, sondern eher Konzepten von Funktionskreisen. Diese Kreise beschreiben organübergreifende Funktionszusammenhänge. Diese Auffassung ist vielleicht mit der Vorstellung vom Immunsystem vergleichbar, den Schulmediziner schreiben dem Immunsystem auch kein konkretes Organ zu.

Wann kann Akupunktur helfen?

Explizit kann es wissenschaftlich nicht komplett festgestellt werden, wann eine Akupunkturbehandlung angebracht und hilfreich ist. Studien zeigen, dass es zweideutige Ergebnisse über die Nützlichkeit und Effektivität gibt. Grund dafür können Einflüsse, wie der Placebo-Effekt oder Scheinakupunkturen, sein. Es kann wissenschaftlich nicht bewiesen werden, ob die Wirkung und Heilung tatsächlich funktioniert oder mehr Schein als Sein ist.

Allerdings gibt es auch vielversprechende Ergebnisse, wie zum Beispiel die Wirksamkeit der Akupunktur bei Erwachsenen nach der Operation und Chemotherapie, bei Übelkeit und Erbrechen und bei postoperativen Zahnschmerzen.

Zusätzlich gibt es andere Situationen und Indikationen, wo die Akupunkturbehandlung als Zusatztherapie oder als akzeptable Alternative aufgenommen wird. Es gibt Hinweise, dass Akupunktur bei einer Reihe von verbreiteten Erkrankungen wie Heuschnupfen, funktionellen Magen- und Darmbeschwerden und Asthma helfen könnte.

Akupunktur als Zusatztherapie bei folgenden Beschwerden

  • Sucht
  • Schlaganfallrehabilitation
  • Kopfschmerzen
  • Menstruationsbeschwerden
  • Tennisarm
  • Schmerzen
  • Osteoarthritis (Gelenkveränderungen)
  • Rückenschmerzen
  • Asthma

Akupunktur hilfreich in der Schwangerschaft

Am Ende einer Schwangerschaft soll eine Akupunkturbehandlung Beschwerden und Schmerzen linden und den Körper zusätzlich auf die Geburt vorbereiten. So kann etwa der Geburtsvorgang durch regelmäßige Akupunkturbehandlung ab einer bestimmten Schwangerschaftswoche verkürzt werden. Mittlerweile gibt es auch eine Vielzahl an Frauenärzten und Hebammen, welche die geburtsvorbereitenden Akupunkturpunkte kennen und diese Behandlung anwenden dürfen.

Wirkmechanismen der Akupunktur

Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben begonnen, die Wirkmechanismen der Akupunktur aufzuklären. Dazu zählt unter anderem die Freisetzung von Opioiden und Peptiden im zentralen Nervensystem und Umgebung. Diese organischen Verbindungen haben eine schmerzlindernde und beruhigende Wirkung.

Mögliche Wirkrichtungen der Akupunktur

  • Schmerzlindernd
  • Muskeltonus regulierend
  • Immunmodulierend
  • Psycho-neuro-endokrine Wirkung
  • Abschwellend
  • Durchblutungsfördernd
  • Vegetativ regulierend
  • Psychisch ausgleichen

Obwohl viele der Mechanismen, die den therapeutischen Effekt der Akupunktur vermitteln könnten, noch unbekannt sind, ist es ermutigend, dass eine Reihe signifikanter akupunkturbedingter, biologischer Veränderungen identifiziert und sorgfältig beschrieben werden können.

Dennoch können viele Faktoren das therapeutische und heilende Ergebnis beeinflussen, wie etwa die Beziehung zwischen Arzt und Patient, der Grad des Vertrauens, die Erwartungen des Patienten an Ritual und Behandlung und das Glaubenssysteme des Arztes und des Patienten.

Studien zur Akupunktur

Einige Menschen sind von der TCM und Akupunkturbehandlung überzeugt, andere betrachten den „Hokuspokus“ mit Skepsis. Doch viele Studien an Tieren und Menschen haben gezeigt, dass Akupunktur mehrere biologische Reaktionen hervorrufen kann. Diese Reaktionen können lokal, also an oder in der Nähe der Einstichstelle sowie entfernt auftreten. Dies kann zur Aktivierung von Bahnen führen, die verschiedene physiologische Systeme im Gehirn und in der Umgebung beeinflussen.

Ein Schwerpunkt der wissenschaftlichen Untersuchung war die Rolle der endogenen Opioide bei der Akupunktur-Schmerztherapie. Es wird behauptet, dass Opioide und Peptide (organische Verbindungen) während der Akupunkturbehandlung freigesetzt werden, dadurch wäre die schmerzstillende Wirkung zumindest teilweise begründet. Dennoch bleibt Definition und Charakterisierung der Akupunkturpunkte umstritten, trotz Bemühungen die Anatomie und Physiologie nachzuvollziehen.

Kann eine Akupunktur-Behandlung Nebenwirkungen auslösen?

Generell besteht keine akute Gefahr von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen, wenn Sie sich als Patient bei einem zertifizierten und gut ausgebildeten Arzt oder Experten in Behandlung geben. Dennoch können auch bei einer Akupunkturbehandlung Nebenwirkungen vorkommen.

Es ist selten, kann aber bei bestimmten Akupunkturpunkten und Bereichen passieren. Die häufigste schwere Verletzung durch Akupunkturnadeln liegt der versehentliche Punktion der Lunge zugrunde, die zu einem teilweisen Zusammenbruch der Lunge (Pneumothorax) führen kann. Andere Nebenwirkungen können bakterielle Infektionen der Haut, lokal an der Nadeleinstichstelle oder anderen Körperstellen, sein.

Im Allgemeinen scheinen Nebenwirkungen aber auf schlechte Hygiene und Ausbildung des Akupunkteurs zurückzuführen zu sein.

Natürlich gibt es auch kleinere und häufigere Nebenwirkungen, die aber nicht so fatal sind: die Nadeln können richtig weh tun oder die Einstichstellen bluten, auch Blutergüsse sind möglich, jedoch eher seltener. Genau wie bei einer Spritze kann es auch bei Akupunktur-Nadeln zu kleineren Nachblutungen kommen, ähnlich wie nach einer Impfung oder Blutentnahme.

Zukunft: TCM & Akupunktur statt Schulmedizin?

Die weitere Forschung in dieser Richtung ist nicht nur wichtig, um die mit der Akupunktur verbundenen Phänomene aufzuklären, sondern bietet auch die Möglichkeit neue Wege in der menschlichen Physiologie zu erforschen, die bisher nicht systematisch untersucht wurden.

Dennoch steht die Akupunktur als Behandlungsmethode und Alternative noch am Anfang, auch wenn sich in Sachen alternative Behandlungsmethoden bereits einiges getan hat. Trotzdem stehen Arzt, Patient oder andere Menschen aus dem Gesundheitswesen oft vor typischen Fragen über Ausbildung, Zulassung und Kostenerstattung. Wer ist berichtigt Akupunktur durchzuführen? Was für Voraussetzungen gibt, damit Patienten behandelt werden dürfen? Gibt es ein einheitliches Ausbildungsangebot? Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Akupunkturbehandlung?

Trotz dieser Fragen gibt es genügend Beweise für den Wert der Akupunktur, um ihre Anwendung auf die Schulmedizin auszudehnen und weitere Studien über ihre Physiologie und ihren klinischen Wert zu fördern.

Kosten: Zahlt die Krankenkasse die Akupunkturbehandlung?

Ob die Krankenkasse die Kosten übernimmt, erstattet oder einen Teil der Kosten trägt, hängt häufig mit der Diagnose des Patienten und der Akupunkturausbildung des Arztes zusammen. Normalerweise sind Akupunkturbehandlungen nicht in den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen enthalten und somit auch nicht abgedeckt. Also müssen die Kosten selber getragen werden und können pro Sitzung bei 40 Euro starten. Vor einer Behandlung sollte der Patient sich über die Sitzungsdauer und Kosten erkundigen.

Jedoch gibt es auch Ausnahmen: Seit 2007 werden Akupunkturbehandlungen im Rahmen einer Schmerztherapie bei LWS (Lendenwirbelsäule) Beschwerden oder Kniegelenksarthrose nach einem ärztlichen Nachweis von den deutschen Krankenkassen übernommen. Zusätzlich muss der Arzt eine qualitativ hochwertige Akupunkturausbildung nachweisen.

Wer darf eine Akupunkturbehandlung durchführen?

Um alles über Akupunktur zu lernen muss die TCM (traditionelle Chinesische Medizin) studiert werden. Dazu muss man kein Arzt oder Heilpraktiker sein, trotzdem sollte ein gutes Wissen über die Schulmedizin bestehen oder während der TCM-Ausbildung erlernt werden.

Um die TCM und somit die Akupunktur ausüben zu dürfen, muss die Person allerdings Arzt oder Heilpraktiker sein. Ansonsten ist das Praktizieren verboten! Die Ausbildung kann an anerkannten Instituten absolviert werden, wofür meistens eine Hochschulzugangsberechtigung, eine Heilpraktikererlaubnis oder Approbation als Arzt als Voraussetzung gelten. Auch ist es möglich ein Bachelor und daraufhin ein Master-Studium in TCM zu beginnen. Durch die steigende Nachfrage gibt es bundesweit immer mehr Angebote sich in der TCM ausbilden zu lassen.

Bei Akupunktur handelt es sich somit um eine uralte und traditionsreiche Behandlungsmethode aus China, die in Deutschland und auch in den USA als häufige Behandlungsalternative angeboten wird. Letztendlich muss jeder für sich selbst wissen, ob er eine Akupunkturbehandlung macht oder nicht. Schlussendlich zeigte sich bereits oft der Erfolg, wenn Alternativmedizin und Schulmedizin miteinander und zusammen agieren.